Grundsätzliches zur psychoanalytischen Auffassung des Psychischen


Wie kann ich meine Probleme besser verstehen und neue Umgangsformen und Lösungen entdecken?




Einleitung


Das Psychische ist nach psychoanalytischer Sicht so aufgebaut, daß wir über einen Teil dessen, was wir denken, fühlen und tun, Bescheid wissen, darüber nachdenken und reden können. Diesen Teil unseres eigenen psychischen Systems halten wir in der Regel für das Ganze.

Nun ist es aber so, daß es daneben einen Teil gibt, der ebenfalls vorhanden und wirksam ist, von dem wir aber nichts oder nur sehr dunkel und schemenhaft etwas spüren. Dieser sozusagen nicht bewußte Anteil des eigenen seelischen Lebens ist nur mittelbar, in seiner Wirkung und Mitwirkung zu erschließen. Dieser nicht bewußte Teil ist sehr groß und in seiner Wirkung auf eigene Entscheidungen, eigenes Verhalten und eigene Probleme oftmals auch sehr stark.

Dieser nicht bewußte Anteil des psychischen Lebens ist nun nicht einfach zufällig oder aus "Vergeßlichkeit" unbewußt, sondern es gibt einen guten Grund bzw. bedeutsame Gründe dafür. Die unbewußten Anteile im eigenen Seelenleben sind oftmals peinlich, kindlich, extrem unmoralisch, eventuell stark sexuell gefärbt, teils sehr aggressiv und zerstörerisch. Solche Regungen erschrecken uns zum Teil selbst und machen Angst, zum Teil sind sie auch so wenig sozialverträglich, daß man schwere Konsequenzen und Sanktionen befürchtet, würde sie ein anderer mitbekommen.

Und dies kann eben so weit gehen, so beängstigend sein, daß man es nicht ertragen kann, sie selbst in sich zu spüren, weshalb sie weggeschoben, verbannt, mit einem Wort unbewußt gemacht werden.

Es gibt also unbewußte Anteile in einem selbst, die von anderen Anteilen in uns selbst unbewußt gemacht werden, damit man sie nicht ertragen und aushalten muß.

Auch dieser Vorgang, also das innerliche Unbewußt-Machen von eigenen Bedürfnissen und Strebungen, ist ebenfalls nicht bewußt; auch hiervon bekommt man nichts mit.


Ein großer Teil eigener Probleme entsteht nun bei diesem inneren Mit- und Gegeneinander unterschiedlicher Bedürfnisse und Strebungen.
Es ist deshlab so schwer, daran etwas zu verändern, etwa durch festen Vorsatz und Aufbietung aller Willenskraft, weil man die inneren Kräfte, die dort toben, nicht wirklich kennt und einschätzen kann.

Solange alle Änderungsversuche bloße Willensentscheidungen sind, die den widerstrebenden Bedürfnissen, die in einem Ringen, keine Chancen und Freiräume lassen, sich auszuleben und zu ihrem Recht zu kommen, solange werden diese Versuche zum Scheitern verurteilt sein.
Veränderung, die stabil ist, und zu wirklich tragfähigen neuen Erlebens- und Verhaltensweisen führt, kann es nur geben, wenn man die Kämpfe, die in einem toben, kennenlernt, die einzelnen Seiten versteht, und zu Kompromissen kommt, in denen alle inneren Bedürfnisse ausreichend (und auch sozialverträglich) zu ihrem Recht kommen.